Anfänge

Die Anfänge des Schriftspracherwerbs sind ganz verschieden, 
wenn Kinder damit vor der Schule von sich aus beginnen.

  • GERALD schaut immer mit ins Märchenbuch, wenn die Oma vorliest, und merkt plötzlich, dass die Buchstabenreihe dort, wo sie hinschaut, wenn sie „Rotkäppchen“ sagt, immer gleich aussieht. Als das Märchen aus ist, nimmt er sich Blatt und Stift und schreibt dieses Wunderwort ab, so oft, wie er es finden kann.

  • PAULINE malt im Kindergarten sehr viel und soll ihre Bilder selbst mit ihrem Namen versehen. Sie bekommt einen Zettel, da steht er drauf, und malt ihn ab. Dann entdeckt sie ihr P auf dem Rezept von Dr. Protz. Er schreibt aber ganz anders.

  • DIERK will an keinem Autokennzeichen vorbei, ohne zu fragen: „Was sind das für Buchstaben? Und wo kommt das Auto her?“ Dann will er die Buchstaben abmalen.

  • KARIN hat sich im Telefonbuch zeigen lassen , wo die Nummer der Familie steht. Sie heißt Meier. „Da steht es! Meier!“ sagt Mama. Und darüber und darunter noch mal und noch mal: Meier, Meier, Meier, Meier ... Ganz oft kann Karin es lesen.

Mit Beginn der Schulzeit wird es zum verordneten Programm, zur Pflicht, Lesen und Schreiben zu lernen. Die individuellen Anfänge müssen nun in gemeinsamen Aufgaben, in dem methodischen Konzept aufgehen, das die Lehrerin vertritt. Nicht immer hat sie sich frei dafür entschieden.

Kinga ist Linkshänderin und erst vor kurzer Zeit aus Polen nach Deutschland gekommen. 
Man sieht ihr an, dass sie sich anstrengt, alles zu lernen, was Diana mit Leichtigkeit lernt. 
Es ist ihr Glück, dass sie sich Buchstabe für Buchstabe in die  fremde Sprache einfinden kann. 
Jeder einzelne Buchstabe, den sie sich gezielt und geduldig erarbeitet hat, ermutigt sie: 
Du kannst hier mittun, auch wenn du nicht alles verstehst, was die anderen reden!

Kinder mit anderer Muttersprache sind nur einer der Gründe, die es verbieten sollten, 
die „eigenaktive“ Selbstalphabetisierung mit Anlaut- bzw. Buchstabentabelle 
als grundsätzlich legitime Methode des Schriftspracherwerbs für alle Kinder zu propagieren. 
Dass diese als „freies Schreiben“ bezeichnet wird, hat die Diskussion verwirrt. 
>Grundschule aktuell< hat im November 2006 das „freie Schreiben“ thematisiert. 
Daran war ich mit zwei Artikeln beteiligt. 

Download: Die Hand, die Schrift, das Schreiben, die Freiheit